Systeme und Behandlungseinheiten
Wie man medizinische Päckchen packt
Sowohl die MDD 92/43/EWG als auch die MDR 2017/745 erlauben, Pakete aus verschiedenen Produkten, die in einem sinnvollen Zusammenhang für einen bestimmten Anwendungszweck miteinander kombiniert werden, auf den Markt zu bringen. Gemäß MDD muss es sich dabei um CE-gekennzeichnete Produkte handeln. Die MDR erlaubt auch nicht-CE-gekennzeichnete Produkte, sofern ihr Vorhandensein im Rahmen der Zweckbestimmung der Einheit gerechtfertigt ist. Im regulatorischen Sprachgebrauch werden diese Zusammenstellungen als „Systeme“ und „Behandlungseinheiten (BE)“ oder generisch auch „Sets“ bezeichnet. Während die MDD keine genaue Definition der Begriffe kennt, legt die MDR fest, dass:
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- BE zusammenverpackte Kombinationen zur Verwendung für einen spezifischen medizinischen Zweck sind;
- Systeme nicht notwendigerweise zusammen verpackte Kombinationen sind, die verbunden oder kombiniert miteinander einen spezifischen Zweck erfüllen.
Je nach Art der Zusammenstellung und nach Art der Produkte werden solche Sets unterschiedlich reguliert. Auf EU-Ebene sind Systeme und BE mit und ohne eigene Konformitätserklärung bekannt. Schon unter altem Recht war die Set-Herstellung nach Artikel 12 recht einfach zu gestalten, mit der neuen Freiheit durch die MDR ergibt sich noch weiterer Spielraum in den Kombinationsmöglichkeiten. Für Hersteller gibt es daher eine Vielzahl möglicher Set-Kombinationen, die, geschickt kombiniert, dokumentiert und diskutiert, in legaler Weise als Einheiten auch ohne eigene Konformitätserklärung für das Set auf den Markt gebracht werden können. Grenzen setzen hier – fast – nur die eigene Zertifizierung und Kreativität.
Was sind aber nun die Unterschiede zwischen den Sets, die einer Konformitätsbewertung durch den Kombinierer zwingend unterzogen werden müssen, und denen, die ohne eine solche auf den Markt gebracht werden dürfen?
Einfach betrachtet sind Systeme und BE immer dann neu auf ihre Konformität zu bewerten, wenn
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- diese Zusammenstellung zur Veränderung einer Zweckbestimmung eines der beinhalteten Produkte führt (z. B. Führungsdraht, der statt im vorgesehenen peripheren nun im zentralen Blutkreislauf eingesetzt wird),
- ein Produkt anders prozessiert wird als dessen Hersteller oder Konformitätserklärung es vorsieht (z. B. Auspacken, Sterilisation, Lagerungsbedingungen)
- ein Bestandteil kein CE trägt.
Die erwartbar höchste Risikoklasse eines Bestandteils bestimmt die Set-Klasse und die entsprechende CE-Kennzeichnung. Für das Setpacking mit Konformitätserklärung, also Sets höher als Klasse I, bedarf es der Zertifizierung durch eine benannte Stelle.
Werden bereits konformitätsbewertete Medizinprodukte unverändert ohne Änderung ihrer Zweckbestimmung zusammen verpackt, braucht dafür keine erneute Konformitätserklärung abgegeben zu werden. Ohne jede Änderung am Produkt gelten die bereits vorhandenen Konformitätsbewertungen der Originalhersteller. Hier reicht die Herstellererklärung gemäß Artikel 12 MDD bzw. Artikel 22 MDR, die der Setpacker in seiner Dokumentation ab- und ggf. bei Audits vorzulegen hat. Die Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben muss der Setpacker nachweisen können. Das Set gemäß Artikel 12 MDD bzw. Artikel 22 MDR erhält in seiner Gesamtheit kein CE-Zeichen.
Hersteller von Systemen und BE müssen ihre Tätigkeiten bei den entsprechenden Überwachungsbehörden anmelden. In Deutschland musste bisher immer eine Eintragung in der DIMDI-Datenbank erfolgen. Gemäß MDR haben sich System- und BE-Packer als Wirtschaftsakteure in der EUDAMED zu registrieren.
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