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Tierarzneimittelrecht 2022: Änderungen und Auswirkungen unter der Lupe

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1. Jul. 2024
10 Minuten

Das Tierarzneimittelrecht ist ein komplexes und vielschichtiges Regelwerk, das die Herstellung, Zulassung, den Vertrieb und die Anwendung von Tierarzneimitteln und veterinärmedizinischen Produkten reguliert. Mit der Einführung der europäischen Tierarzneimittelverordnung (VO (EU) 2019/6) und des deutschen Tierarzneimittelgesetzes (TAMG) am 28. Januar 2022 hat sich die regulatorische Landschaft für Tierarzneimittel grundlegend verändert. Diese neuen Regelungen bieten zahlreiche Chancen, darunter die Harmonisierung des europäischen Binnenmarktes und die verstärkte Bekämpfung der Antibiotikaresistenz. Gleichzeitig stellen sie für die betroffenen Akteure erhebliche Herausforderungen dar –insbesondere durch die verschärften Anforderungen an die gute Herstellungspraxis (GMP) und die gute Vertriebspraxis (GDP). Besonders relevant sind dabei die benötigten separaten Herstellungserlaubnisse für GMP-Prüflabore, die überarbeiteten Anforderungen an die Sachkundige Person sowie striktere Standards für die Lagerung, den Transport und die Dokumentation von Tierarzneimitteln. Dieser Blogartikel beleuchtet Kernaspekte und die wichtigsten Bestimmungen der europäischen Tierarzneimittelverordnung, des TAMG und der ergänzenden Vorschriften.

Die Erhaltung und Förderung der Tiergesundheit hat höchste Priorität – nicht nur für jene, die Tiere halten, oder behandeln, sondern auch für die gesamte Gesellschaft und Umwelt. Gesunde Tierbestände bilden das Fundament einer nachhaltigen und produktiven Landwirtschaft und sichern die globale Nahrungsmittelsicherheit. Der Einsatz von qualitativ hochwertigen, sicheren und wirksamen Tierarzneimitteln und veterinärmedizinischen Produkten spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Um die Qualität, Sicherheit und Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln europaweit zu vereinheitlichen, wurde der Rechtsrahmen grundlegend überarbeitet. Seit dem 28. Januar 2022 gelten die EU-Verordnung (EU) 2019/6 und das deutsche Tierarzneimittelgesetz (TAMG) sowie deren Durchführungs- und delegierten Verordnungen.

Einführung in das Tierarzneimittelrecht: Verbesserte Standards für Tierarzneimittel

Die EU-Verordnung (EU) 2019/6 ist das Herzstück der neuen Tierarzneimittelgesetzgebung und ersetzt die frühere Richtlinie 2001/82/EG. Sie enthält unmittelbar geltende, harmonisierte Vorschriften für Tierarzneimittel in allen EU-Mitgliedstaaten und regelt deren Zulassung, Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Anwendung sowie Beschränkungen und Sanktionen.

Ein Hauptziel der Verordnung ist die Harmonisierung des europäischen Binnenmarktes. Einheitliche Regelungen sollen den Verwaltungsaufwand verringern und den Handel mit Tierarzneimitteln erleichtern. Dies wird unter anderem durch eine zentrale EU-Datenbank unterstützt, die alle zugelassenen Tierarzneimittel und Pharmakovigilanz-Daten erfasst (Artikel 55 und 73). Diese Datenbank bietet Tierärzten besseren Zugang zu wichtigen Informationen und erleichtert die Einfuhr von Arzneimitteln aus anderen Mitgliedstaaten und Drittländern (Artikel 90).Ein weiterer Schwerpunkt ist die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen. Wesentliche Maßnahmen umfassen:

  • Einschränkung des Einsatzes bestimmter Antibiotika: Antibiotika, die für die Humanmedizin von kritischer Bedeutung sind, dürfen in der Tiermedizin nur eingeschränkt verwendet werden (Artikel 37)
  • Präventiver Einsatz von Antibiotika: Der präventive Einsatz von Antibiotika ist nur noch in Ausnahmefällen erlaubt (Artikel 107)
  • Erfassung und Meldung der Antibiotikamengen: Die Mengen der verwendeten Antibiotika müssen erfasst und elektronisch an die EU gemeldet werden (Artikel 58).

Ein weiteres bedeutendes Element der Verordnung (EU) 2019/6 ist die Einführung eines neuen Systems zur Kategorisierung von Tierarzneimitteln. Artikel 34 der Verordnung und § 40 des Tierarzneimittelgesetzes (TAMG) legen klare Unterscheidungen zwischen apothekenpflichtigen und frei verkäuflichen Produkten fest.

  • Apothekenpflichtige Arzneimittel dürfen ausschließlich durch Apotheken und tierärztliche Hausapotheken abgegeben werden. Diese Regelung stellt sicher, dass der Zugang zu diesen Arzneimitteln streng kontrolliert wird und nur qualifiziertes Fachpersonal involviert ist.
  • Frei verkäufliche Produkte hingegen dürfen auch außerhalb von Apotheken verkauft werden, beispielsweise in Drogerien oder über den Internethandel. Zu dieser Kategorie gehören weniger risikobehaftete Arzneimittel, die zur Behandlung von leichten Beschwerden oder zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge verwendet werden können.

TAMG: Wichtige Änderungen im deutschen Tierarzneimittelrecht!

Zeitgleich mit dem Inkrafttreten der EU-Verordnung 2019/6 am 28. Januar 2022 wurde in Deutschland das Tierarzneimittelgesetz (TAMG) eingeführt. Es ersetzt die bisherigen Regelungen des Arzneimittelgesetzes (AMG) für Tierarzneimittel und schafft ein eigenständiges Regelwerk für deren Herstellung, Zulassung, Abgabe, Anwendung sowie Buchführung und Pharmakovigilanz. Das TAMG ergänzt die EU-Verordnung 2019/6 durch nationale Besonderheiten und geht in einigen Bereichen über die EU-Vorgaben hinaus:

  • 7/31-Tage-Regelung: Gemäß § 44 Absatz 3 TAMG dürfen Tierarzneimittel für lebensmittelliefernde Tiere bis zu 31 Tage abgegeben werden, während systemisch wirkende Antibiotika nur für sieben Tage abgegeben werden dürfen. Diese Regelung ist spezifisch für Deutschland und erweitert die EU-Vorgaben, die keine genauen Fristen festlegen.
  • Meldepflichten für Antibiotika-Verbrauchsmengen: Nach § 56 TAMG müssen Tierärztinnen und Tierärzte den Verbrauch von Antibiotika bei Tieren elektronisch melden, unabhängig von der Bestandsgröße und auch bei Hobbyhaltungen. Dies ergänzt die EU-Verordnung durch eine spezifische nationale Meldepflicht. Die Tierärzteschaft muss die Verschreibungen, Anwendungen oder Abgabe von Antibiotika seit Anfang des Jahres im Rahmen des Antibiotikaminimierungskonzeptes und neu für die Antibiotika-Verbrauchsmengenerfassung für alle Betriebsgrößen in die HI-Tier-TAM-Datenbank melden. Die Meldungen sind ab dem Meldehalbjahr I/2023 nur noch elektronisch in der HI-Tier-Datenbank möglich. Für alle Mitteilungen besteht die Möglichkeit, Dritte mit der Meldung zu beauftragen.
  • Dokumentationspflichten: Das TAMG legt zusätzliche Anforderungen an die Buchführung durch Tierärztinnen und Tierärzte fest. Nach § 52 TAMG müssen Tierärzte detaillierte Aufzeichnungen über ausgestellte tierärztliche Verschreibungen führen, was über die allgemeinen Anforderungen der EU-Verordnung hinausgeht.
  • Nationale Datenbanken: Es wurden mehrere Datenbanken wurden eingeführt, um die Nachverfolgbarkeit von Tierarzneimitteln zu verbessern.Dazu gehören die Union Product Database, die Pharmakovigilanz-Datenbank und die Herstellungs- und Großhandelsvertriebsdatenbank.Seit 2023 sind nur noch die Nutzungsart, Anfangsbestand und Bestandsveränderungen zu melden sowie mitzuteilen, dass keine antibiotisch wirksamen Arzneimittel angewendet worden sind. Die Abgabe der Meldung über die Tierhalter-Versicherung entfällt
  • Verschärfte Regelungen für den Einsatz von Antibiotika: Das TAMG enthält spezifische Vorschriften zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes und zur Verhinderung von Resistenzen. Beispielsweise dürfen systemisch wirkende Antibiotika für lebensmittelliefernde Tiere nur für einen begrenzten Zeitraum abgegeben werden. Zudem wurde ein Benchmarksystem zur Überwachung und Reduktion des Antibiotikaeinsatzes in landwirtschaftlichen Betrieben eingeführt, das über die EU-Vorgaben hinausgeht.
  • Umwidmung von Arzneimitteln: Unter bestimmten Bedingungen erlaubt das TAMG die Umwidmung von Arzneimitteln, wenn kein zugelassenes Tierarzneimittel für die betreffende Tierart und das Anwendungsgebiet verfügbar ist. Diese Regelung ist in den Artikeln 112 bis 114 der EU-Verordnung 2019/6 verankert und wird durch nationale Bestimmungen ergänzt, die spezifische Anforderungen und Ausnahmen festlegen.

Durchführungsverordnungen und delegierte Rechtsakte: Ein Überblick über die ergänzenden Regelwerke!

Die neue EU-Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel und das deutsche Tierarzneimittelgesetz (TAMG) haben weitreichende Auswirkungen auf die Herstellung, den Vertrieb und die Verwendung von Tierarzneimitteln. Neben den Hauptverordnungen wurden mehrere ergänzende Rechtsakte und Durchführungsverordnungen erlassen, die spezifische Anforderungen und Ausnahmen detailliert festlegen. Dazu zählen:

Die delegierte Verordnung (EU) 2021/578 zu antimikrobiellen Wirkstoffen legt Kriterien für antimikrobielle Wirkstoffe fest, die ausschließlich der Humanmedizin vorbehalten sind. Ziel ist es, die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen zu begrenzen, indem bestimmte Antibiotika in der Tiermedizin nicht mehr verwendet werden dürfen. Dies trägt dazu bei, die Wirksamkeit dieser Medikamente für die Humanmedizin zu bewahren und die Entstehung resistenter Keime zu verhindern.

Die Durchführungsverordnung (EU) 2021/1248 zur Guten Vertriebspraxis (GDP) hingegen definiert Standards für die Gute Vertriebspraxis von Tierarzneimitteln. Sie stellt sicher, dass die Arzneimittel während Lagerung und Transport unter optimalen Bedingungen gehandhabt werden, um die Integrität und Qualität der Tierarzneimittel in der gesamten Lieferkette zu gewährleisten.

GMP-Compliance: Wichtige Änderungen bei der guten Herstellpraxis!

Die neue Tierarzneimittelgesetzgebung einschließlich ergänzender Durchführungsverordnungen hat tiefgreifende Auswirkungen auf die gute Herstellungspraxis (GMP).

Die Erlaubnis für die Herstellung von zulassungspflichtigen Tierarzneimitteln und veterinärmedizintechnischen Produkten ist nun entsprechend im deutschen Recht neu nach § 28 Absatz 1 TAMG verankert. Wurde bislang eine einzige Herstellerlaubnis für Human- und Veterinärarzneimittel geführt, so sind diese jetzt zu separieren sowie ggf. gesondert zu beantragen.

Auch externe Prüflabore benötigen eine Herstellungserlaubnis: Die Herstellungserlaubnis ist nicht nur für die eigentliche Produktion, sondern auch für die Beteiligung an einer Phase des Herstellungsprozesses erforderlich. Somit benötigen auch externe Prüflabore, die an der Prüfung von Tierarzneimitteln beteiligt sind, eine spezifische Herstellungserlaubnis für Tierarzneimittel – und eine Sachkundige Person.

Für Letztere gibt es ein paar wenige Abweichungen an die Sachkenntnis zu den klassisch im Humanbereich etablierten Anforderungen: gemäß Artikel 97 der Verordnung kann die Sachkundige Person nun einen Hochschulabschluss in Pharmazie, Humanmedizin, Veterinärmedizin, Chemie, pharmazeutischer Chemie und Technologie oder Biologie vorweisen sowie über mindestens zweijährige Tätigkeit in Unternehmen mit Herstellungserlaubnis in Qualitätssicherung, der qualitativen Analyse von Arzneimitteln, der quantitativen Analyse von Wirkstoffen sowie der Versuche und Prüfungen zum Nachweis der Qualität von Tierarzneimitteln verfügen. Die Dauer der Tätigkeit kann um ein Jahr herabgesetzt werden, wenn der Studiengang mindestens fünf Jahre umfasst, und um eineinhalb Jahre, wenn der Studiengang mindestens sechs Jahre umfasst.

Fazit: Ihr Partner für die TAMG-Compliance!

Die neuen regulatorischen Anforderungen der EU-Verordnung (EU) 2019/6 und des deutschen Tierarzneimittelgesetzes (TAMG) stellen sicher, dass Tierarzneimittel in der gesamten EU höchsten Standards entsprechen. Diese Regelungen verbessern nicht nur die Qualität und Sicherheit der Arzneimittel, sondern tragen auch maßgeblich zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen und zur Förderung der Tiergesundheit bei. Allerdings erfordern die strikteren Anforderungen und die kontinuierliche Anpassung der Verordnungen von Herstellern und Tierärzten ein tiefes Verständnis der gesetzlichen Vorgaben und deren präzise Umsetzung.

Hier kommen unsere Expertinnen der Tentaconsult Pharma & Med ins Spiel: wir bieten Ihnen umfassende Unterstützung durch Beratung, Beantragung von relevanten herstell- und Handelserlaubnissen, Erstellung von Zulassungsdossiers oder Übernahme von gesetzlichen Funktionen wie der Großhandelsbeauftragten oder Sachkundigen Person.

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