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Health Claims für Botanicals – Was das neue EuGH-Urteil für die Werbung bedeutet!

iStock
18. Jun. 2025
10 Minuten

Pflanzen werden seit Jahrhunderten als Quelle von Heilkraft, Wohlbefinden und Lebensbalance genutzt. In der modernen Produktkommunikation sind sie daher ein beliebtes zentrales Motiv – insbesondere im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel (NEM). Mit Aussagen wie „Melonensaft reduziert Stress“ oder „Safran fördert das emotionale Gleichgewicht“ versuchen Hersteller, einen Nerv zu treffen: das Bedürfnis nach natürlicher Unterstützung in stressgeplagten Zeiten. Doch was darf rechtlich über solche pflanzlichen Stoffe gesagt werden? Und wo beginnt die Irreführung? In den nachfolgenden Abschnitten erfahren Sie, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen für gesundheitsbezogene Aussagen zu pflanzlichen Stoffen aussehen, weshalb das neue Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)vom 30. April 2025 einen Wendepunkt darstellt, welche Konsequenzen sich daraus für Hersteller ergeben, und welche regulatorischen Anpassungen nun ggf. erforderlich sind.

Safran, Melone, Ginseng oder Ashwagandha – viele pflanzliche Stoffe, sogenannten Botanicals, genießen einen traditionsreichen Ruf. Seit Jahrhunderten verwendet, sind sie heute mehr denn je Ziel der wissenschaftlich fundierten Forschung. Über diese Ansätze finden sie ihren Weg in moderne Rezepturen, von pflanzlichen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln im Speziellen bis hin zu Lebensmitteln im Allgemeinen. Entsprechende Produkttexte bedienen sich dabei häufig Formulierungen wie „unterstützt die Entspannung“ oder „fördert das Wohlbefinden“.

Doch die Grenze zwischen zulässiger Information und gesundheitsbezogener Angabe ist eng gezogen. Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 dürfen gesundheitsbezogene Angaben nur verwendet werden, wenn sie wissenschaftlich geprüft und in den entsprechenden Listen nach Artikel 13 oder 14 dieser Verordnung aufgenommen wurden. Zahlreiche pflanzliche Stoffe warten bis heute auf eine abschließende Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und auf ihre Zulassung durch die Europäische Kommission. Diese Bewertungslücke wurde in der Vergangenheit als Spielraum genutzt – mit wachsender rechtlicher Unsicherheit. Denn je verbreiteter diese Praxis wurde, desto häufiger kam es zu juristischen Auseinandersetzungen.

Zwischen Hoffnung und Rechtsunsicherheit: Die Praxis vor dem Urteil!

In der Übergangszeit beriefen sich viele Hersteller auf traditionelle Anwendungen oder Einzelstudien. Werbebotschaften blieben bewusst vage, um regulatorische Grenzen nicht zu überschreiten, gleichwohl wurde durch geschickte Wortwahl ein gesundheitlicher Nutzen suggeriert. Aussagen wie „trägt zur inneren Balance bei“ waren gängig – ohne rechtlich abgesicherte Grundlage.

Diese Praxis geriet zunehmend in den Fokus von Wettbewerbsverbänden und Aufsichtsbehörden, dennoch wird der rechtliche Graubereich gern genutzt, um werbewirksame Nischen auszunutzen. Klagen, Abmahnungen und Verfahren haben sich in der Vergangenheit gehäuft, bis schließlich ein solcher Fall nun beim Europäischen Gerichtshof gelandet ist.

EuGH-Urteil vom 30. April 2025: Rechtsklarheit mit Folgen!

Das Verfahren Novel Nutriology GmbH ./. Verband Sozialer Wettbewerb e. V. war mehr als ein branchenspezifischer Einzelfall – es wurde zum Lackmustest für die bislang geduldete Praxis der Werbeaussagen zu pflanzlichen Stoffen. Der EuGH nutzte die Gelegenheit, um zentrale Grundsatzfragen zu klären und ein deutliches Signal in Richtung harmonisierter Verbraucherschutzstandards zu senden. Gesundheitsbezogene Aussagen zu pflanzlichen Stoffen sind künftig nur dann zulässig, wenn sie wissenschaftlich fundiert und von der europäischen Kommission genehmigt wurden.

Es folgt also ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt: Die Verordnung Nr. 1924/2006 sieht vor, dass gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel grundsätzlich verboten sind, es sei denn, sie sind in der Positivliste gemäß Art. 13 oder 14 der Verordnung aufgeführt. Auch allgemeine Formulierungen wie „wirkt stimmungsaufhellend“ oder „unterstützt das Wohlbefinden“ fallen unter das Verbot, sofern sie nicht mit einer nachweislich zugelassenen gesundheitsbezogenen Angabe kombiniert werden.

Der Umstand, dass die Bewertung gesundheitsbezogener Angaben über pflanzliche Stoffe durch die Europäische Kommission ausgesetzt wurde, begründet keine temporäre Schutzlücke – auch hier gilt das Verbot. Allerdings, Ausnahmen sind möglich: gesundheitsbezogene Angaben, die unter die Übergangsregelung des Art. 28 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1924/2006 fallen, dürfen verwendet werden – vorausgesetzt die in dieser Bestimmung genannten Anforderungen werden erfüllt.

Der EuGH sendet mit dieser Entscheidung eine klare Botschaft für die künftige Marschrichtung. Dem Verweilen in der Grauzone wird nun allmählich ein Ende gesetzt: statt grau gilt künftig rot. Nur noch das, was wissenschaftlich nachgewiesen und bestätigt wurde, darf in der Bewerbung mit gesundheitsbezogenen Angaben verwendet werden. Dies dürfte insbesondere für die Arzneimittelindustrie ein Aufatmen bedeuten, da das Urteil auch die Abgrenzung zu den pflanzlichen Arzneimitteln eindeutiger konturiert und ihren Status besser vor fälschlichen Bewerbungen der Lebensmittelindustrie schützt.

Wer gesundheitsbezogene Aussagen zur Wirkung pflanzlicher Stoffe trifft, trägt die volle regulatorische Verantwortung – auch dann, wenn der Bewertungsprozess auf EU-Ebene stagniert. Für die Industrie leitet das Urteil ab, dass die bisherigen Strategien nun auf den Prüfstand müssen.

Regulatorische Hausaufgaben: Was jetzt notwendig ist!

Vor dem Hintergrund dieses Urteils sind Lebensmittelunternehmer und insbesondere Anbietende von Nahrungsergänzungsmitteln, die mit gesundheitsbezogenen Angaben zu pflanzlichen Stoffen werben, gefordert, ihre Außendarstellung umfassend zu überprüfen.

  • Gesundheitsbezogene Aussagen auf Etiketten, in Online-Shops oder in Printmaterialien müssen vollständig erfasst und bewertet werden.
  • Ein Abgleich mit der aktuellen EU-Positivliste ist zwingend erforderlich. Dabei ist zu prüfen, ob Aussagen ggf. unter die Übergangsregelungen des Art. 28 Abs. 6 fallen.
  • Nicht konforme Aussagen sind zu streichen oder durch rechtlich abgesicherte Formulierungen zu ersetzen.
  • Die zugrundeliegende wissenschaftliche Evidenz ist nachvollziehbar zu dokumentieren.

Fazit: Rechtssicherheit erfordert Weitblick – und professionelle Unterstützung!

Das EuGH-Urteil vom 30. April 2025 schafft Klarheit –erhöht aber zugleich den Handlungsdruck. Wer pflanzliche Stoffe weiterhin bewerben will, muss dies nun mit wissenschaftlicher Absicherung und klarer Rechtsgrundlage tun. Die vielseitig genutzte Übergangsphase der Unsicherheiten und Graubereiche ist vorbei.

Die Expert:Innen der TentaConsult Pharma & Med GmbH begleiten Unternehmen seit vielen Jahren bei der Einhaltung regulatorischer Anforderungen. Sie unterstützen bei:

  • der Bestandsaufnahme und rechtlichen Prüfung bestehender Claims,
  • der Formulierung zulässiger Aussagen im Einklang mit EU-Vorgaben,
  • der Koordination und Kommunikation mit Behörden
  • und der strategischen Kommunikation rund um pflanzenbasierte Produkte.

Eine rechtssichere Kommunikation schützt nicht nur vor Sanktionen – sie stärkt auch das Vertrauen der Verbrauchenden.

 

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Julia Melilli
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