Wenn aus Pharmabetrieben Lebensmittelunternehmer werden: Qualitätsmanagement aus verschiedenen Blickwinkeln!
Immer wieder erweitern pharmazeutische Unternehmen ihr Portfolio um Lebensmittelprodukte wie Nahrungsergänzungsmittel. Mit dieser Ergänzung eröffnet sich unmittelbar die weitreichende Verpflichtung zur Einhaltung aller regulatorischen Vorschriften im Lebensmittelumfeld. Dadurch stellt sich auch eine zentrale Frage: Wie lässt sich ein Lebensmittel-Qualitätsmanagementsystem (QMS) sinnvoll in das bestehende pharmazeutische QMS integrieren oder ist es besser, diese parallel zueinander aufzubauen?
Ein kurzer Blick auf den regulatorischen Rahmen im Lebensmittelbereich!
Die Basisverordnung (EG) Nr. 178/2002 definiert die allgemeinen Grundsätze des Lebensmittelrechts in der EU. Sie legt fest, dass Lebensmittel sicher sein müssen und bis zur Primärproduktion rückverfolgbar sein sollen. Ergänzt wird die Basisverordnung durch die Hygieneverordnung (EG) Nr. 852/2004. Gemeinsam formulieren sie die gute Hygienepraxis (GHP) und Gefahrenanalyse (HACCP) und legen diese verbindlich fest. Der Codex Alimentarius, ein internationales Standardwerk der FAO/WHO, liefert die Leitlinien für Hygienestandards und Lebensmittelqualität weltweit.
Wann ist ein QMS für Lebensmittel überhaupt notwendig?
Im Arzneimittelbereich dominiert das GxP-Umfeld: GMP, GDP, GVP. Es geht um klinische Studien, Herstellpraxis, Chargenfreigabe und Vigilanz. Im Lebensmittelbereich hingegen stehen Verbraucherschutz, Hygiene und Rückverfolgbarkeit im Vordergrund. Prozesse müssen dokumentiert sein, aber nicht im selben Umfang wie bei Arzneimitteln. Auch die Verantwortlichkeiten sind anders geregelt: Es gibt keine "Sachkundige Person", dafür aber den Lebensmittelunternehmer, der für die Einhaltung der Vorschriften haftet.
Pharmazeutische Unternehmen, die Nahrungsergänzungsmittel in ihr Portfolio aufnehmen – sei es durch Herstellung, Lagerung oder Vertrieb – werden automatisch zu Lebensmittelunternehmen. Damit unterliegen sie den Anforderungen des Lebensmittelrechts, unabhängig von der betrieblichen Struktur oder der Produktionsstufe. Ein funktionierendes Lebensmittel-QMS ist dann nicht nur gesetzlich verpflichtend, sondern auch entscheidend für Produktsicherheit und Verbraucherschutz.
Herzstück jedes Lebensmittel-QMS ist das HACCP-Konzept (Hazard Analysis and Critical Control Points). Unternehmen müssen potenzielle Gefahren für die Lebensmittelsicherheit erkennen, bewerten und durch geeignete Kontrollpunkte beherrschen. Dabei geht es nicht nur um mikrobiologische, chemische oder physikalische Risiken, sondern auch um Gefahren, die im Arzneimittelbereich eine eher untergeordnete Rolle spielen, zum Beispiel verursacht durch Allergene.
Wer aus dem Arzneimittelbereich kommt, erkennt in der Guten Hygienepraxis (GHP) vieles wieder: dokumentierte Abläufe, Schulungen, Hygienekonzepte, Wareneingangskontrollen und einiges mehr. Aber: GHP ist weniger formalisiert als GMP. Das Fehlen eines strengen Protokolls mag den Eindruck vermitteln, dass sich hierbei weitrechende Freiheiten in der Auslegung ergeben. Mitunter ist eine Anpassung an die Komplexität des eigenen Betriebs nicht nur möglich, sondern gar gewollt. Dennoch hält gerade diese Freiheit auch Fallstricke bereit, durch welche sich im Krisenfall weitreichende Konsequenzen ergeben können, gerade weil der Lebensmittelunternehmer nicht aus der Haftung entlassen werden kann.
Fazit: Integration mit Strategie!
Ein Lebensmittel-QMS kann nicht einfach als ein "abgespecktes GMP-System" betrachtet werden. Wer beide Systeme zusammenführen möchte, muss verstehen, wo die regulatorischen Schwerpunkte liegen. Für pharmazeutische Unternehmen bedeutet das: neue Rollen, neue Verantwortlichkeiten, aber auch Chancen, durch den HACCP-Blick. Mit dem richtigen Ansatz lässt sich ein integriertes QMS aufbauen, das beide Welten abdeckt – effizient, sicher und rechtskonform.
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